Die Gangschaltung an meiner Titanrakete kann mit dem Rest des Velos noch nicht ganz mithalten, was ihre Funktionstüchtigkeit angeht. Die Gänge werden brav vom einen in den anderen geschaltet, aber die Kette holpert arg auf dem kleinsten Ritzel rum. Hat die Rakete Angst vor ihrer Maximalgeschwindigkeit?
Ich vermute, die Einstellung des Schaltwerks sei der Grund des Kettenrasselns. Aber irgendwann bin ich mit meinem Schaltwerklatein am Ende (und nebenbei: die SRAM-Ingenieure waren wohl etwas stoned, als sie low mit mit high verwechselt haben, aber immerhin haben sie nicht MARS draufgeschrieben). Jedenfalls frage ich den (laut verschiedenen Bekannten) besten Velomech der Stadt um Rat zu meinem scheinbar verpeilten Schaltwerk, als ich dort eine neue Klingel kaufte. Nach etwas Diskussion mit dem Guru stellt sich heraus, dass ich wohl besser auf das vergammelte Stück Schalthülle aus meiner Kramkiste verzichtet hätte. Weil ich nichts mehr hasse, als Kabelzüge zu installieren, überlasse ich dem Supermech die Rakete zur Behandlung.
«Jetzt läuft das Schaltwerk perfekt» sagt der Veloguru am nächsten Tag nach seiner Behandlung. Am Heck der Rakete prangen jetzt 20 cm edelster Schaltzughülle mit rot eloxierten Endkappen und einem high-tech Spritzwassergammelsabberfilter. Der Kette ist das allerdings völlig egal, sie holpert von dem edlen Teil unbeindruckt wie eh und je mit lautem Gerassel über das kleine Ritzel.
Den Velomech stört das auch nicht weiter:
Velomech: «Jetzt läuft das Schaltwerk perfekt. Das macht fünfzig Stutz. Hast du einen Schraubstock zu Hause?»
Ich (ziemlich baff): «Schraubstock? Äh, ja, hab ich. Ähm, wieso?»
Gleichzeitig zücke ich eine Fünfzigernote und drücke sie dem städtischen Velogott in die Hand. Ich stelle mir dabei vor, wie das Geld dem Guru hilft, mir sein Schraubstockgeheimnis zu verraten.
Velomech: «Das holpern kommt von einem krummen Zahn im zweiten Ritzel. Bau zu Hause die Kassette aus, nimm das zweite Ritzel raus und richte den Zahn im Schraubstock.»
Hääää? Mein Hirn schaltet alle möglichen Körperfunktionen aus, um diese Frechheit mit aller verfügbaren Energie rechtzeitig zu verarbeiten, was allerdings nicht gelingt. Der Guru hält mir nämlich elegant die Tür auf und geleitet mich aus seinem Laden, wie man das mit gut zahlenden Kunden halt so macht.
An der frischen Luft setzt irgendwann meine Atmung wieder ein. Als mein Hirn wieder mit Sauerstoff versorgt wird, werden folgende Beschlüsse gefällt:
- Velomechs sind hinterlistige und geldgierige Abzocker. Wenn sie Krawatten binden könnten, würden sie bei einer Bank oder einer Versicherung eine steile Karriere machen.
- Ich gehe nie mehr zu einem Velomech. Erst recht nicht, wenn ein Bekannter den besten Velomech der ganzen Welt kennt.
- Es ist nicht nur finanziell, sondern neuerdings auch aus moralischer Sicht total in Ordnung, Veloteile und -zubehör beim Billigversand via Internet kaufen und dann selber zu einzubauen. Nix da mit Unterstützung des lokalen Kleingewerbes.
- Ich vergesse ab sofort, dass ich als kleiner Junge immer Velomech werden wollte. Ab heute lautet mein jugendlicher Berufstraum «Lokführer», «Pilot», «Pirat» oder «Zuhälter».
Auf dem Weg nach Hause rede ich mir dann noch ein, dass es nichts schöneres gibt, als Kabelzüge zu verlegen. Gleich morgen bestelle ich mir eine 50m-Rolle und ersetze die Züge dann einmal im Monat…
Ganz schief gelaufen, was? Aber unter uns: Wer sich freiwilli (also ohne so getauft worden zu sein) Shark nennt, der kann ja nicht ganz sauber sein, nicht? bist Du sicher, er hatte keine Krawatte um? So wie die Kredithaie in den B-Movies? Stell zum Trost Dein Hauptvelo auf die Rolle und fahr eine Weile Rohloff!
Kleiner Nachtrag: ich habe zu Hause das Ritzel und seine Zähne ganz genau angeschaut. Ja, ein Zahn tanzt aus der Reihe. Das muss aber so, das ist nämlich die „Steighilfe“, die bei allen Ritzeln vorhanden ist. Das soll helfen, dass die Kette beim hochschalten besser vom einen zum nächsten Ritzel flutscht… da wird nix rumgeschraubstockt!
Bin zufällig hier gelandet. Ist es eine Kette von Connex, die Probleme macht auf dem kleinsten Ritzel?
Nein, ist eine SRAM-Kette auf einer SRAM-Kassette. Was hat es mit der Connex auf sich?
Dass Rasseln ist übrigens weg. Eine 08-15-Unterlagscheibe zwischen Rahmen und Nabe hat das Problem gelöst.
Connex Kettenschlösser sind asymetrisch, haben also eine Einbaurichtung. Falsch herum eingebaut funktioniert trotzdem alles – außer dem kleinen 11er Ritzel. Da springt die Kette dann, weil der Durchmesser zu gering ist. Der Radladen hat bei einem Kollegen ebenfalls die neuen Züge gewechselt…ohne Besserung natürlich.