Kürzlich ereilte mich ein sehr typischer Velomoment: Ein Erlebnis auf dem Fahrrad, das meinen Tag erhellte und meine Laune nachhaltig verbesserte. Diesmal waren aber auch noch andere Säugetiere involviert. Es war also sozusagen ein Premium-Velomoment. Ohne Aufpreis, wenn man due zeitliche Verzögerung von drei Minuten nihct einrwchnet.
Mein Weg zur Arbeit führt mich meistens über eine grosse Wiese vor der Stadt. Eines sonnigen Morgens sass auf dem Radweg ein Lamm. Es war offenbar aus der angrenzenden Schafweide durch den Zaun auf den Weg geschlüpft und fand nun nicht mehr zurück. Ich grübelte, wie dem Lamm wohl die Flucht gelungen sein könnte, fuhr aber weiter. Erst als ich einem Spaziergänger mit Hund begegnete, begriff ich, dass das Lamm ja in Gefahr sein könnte. Ich bat den Mann, seinen Hund an die Leine zu nehmen und wendete, um zu dem Nachwuchsschaf zurück zu fahren.

Dort angekommen, stellte ich fest, dass nicht nur auf einer, sondern auf beiden Seiten des Radwegs je eine Schafherde weidete. Links und rechts des Radwegs stand je ein Mutterschaf mit je einem weiteren Lamm und schaute durch je einen Zaun belämmert drein. Doch, so war das! Jetzt sass ich ganz schön in der Klemme. Was würde dem Schaf zustossen, wenn ich es mit der falschen Familie zusammenführen würde? Man hört ja so allerhand über den Umgang mit fremden Kindern im Tierreich, das wollte ich mir gar nicht vorstellen.
In höchster Not kam mir die typisch schweizerische Ordnungswut zu Hilfe. Sämtliche involvierten Schafe trugen nämlich eine gelbe Ohrmarke mit zwei fünfstelligen Nummern. Und tatsächlich war der zweite Zahlenblock des Lammes in der Weide links genau um eins kleiner als diejenige auf der Ohrmarke des Radweg-Lamms. Ich griff also beherzt zu – im letzten Moment wollte es doch noch das Weite suchen – packte das Lamm und hob es über den Zaun zu meiner Linken. Sofort stiess es seine Schnauze ins Euter des Schafes und nuckelte aufs Energischste, und das Schaf liess das geschehen. Einzig das andere Lamm guckte etwas zerknirscht. Reinstes Schäferidyll!

Ich war sehr zufrieden mit mir und meinem Tag und rollte pfeifend weiter Richtung Stadt. Den Hundehalter beruhigte ich im Vorbeifahren. Mein Tag war bereits gelungen, was konnte noch schiefgehen! Die Sonne schien warm, meine Kette schnurrte zufrieden, und das Mutterschaf glotzte mir dankbar nach. Da bin ich sicher. Und als ich wenige Tage später an derselben Stelle vorbeikam, da hörte ich zwischen all dem Kauen und Rupfen ein helles, reines Blöken heraus.
Kleiner Nachtrag: das war nicht mein erstes Erlebnis mit Schafen und Fahrrädern. Einmal, im schottischen Hochland, mussten wir Schafe retten, die hinter einer wirklich äusserst unübersichtlichen Kurve mitten auf der Strasse standen und der Dinge harrten, die da kommen würden. Das waren dann zum Glück zuerst zwei Velofahrer, welche die Schafe von der Strasse verscheuchten, bevor sie Opfer eines Verkehrsunfalls wurden. Gern geschehen!
