Der Mensch ist weiterhin ein Herdentier
Das Corona-Virus hat die Welt momentan fest im Griff. Noch lange, bevor es unseren Körper befällt, hat es unsere Gehirne befallen, und vielen Menschen bekommt das nicht gut. Das erkennt man an den Lücken in unseren Supermärkten, wo vor kurzer Zeit noch Mehl, Reis, Seife und Hand-Desinfektionsmittel zu haben waren: Hamsterkäufe finden seit Tagen offenbar auch ausserhalb von Zoohandlungen statt. (Ich stelle mir hier gerne vor, wie Expats, der deutschen Sprache noch nicht sehr mächtig, nach der Arbeit in die Zoohandlung fahren und sich einen Nager zulegen, weil das die Schweizer angeblich so machen. Sie halten das dann für eine Art Totem oder Alpen-Voodoo oder so.)
Kollateralschäden
Neben der menschlichen Spezies dürfte aber auch die Umwelt einiges abkriegen von der Ausbreitung des Corona-Virus. Die Unmengen an Chemikalien und Labormaterial, die für die Tests gebraucht werden, sind das eine; die Berge von Atemschutzmasken, Seife, Wasser und Latex-Handschuhen werden auch nicht einfach wieder verschwinden, wie es das Virus hoffentlich dereinst tun wird. Kommt noch hinzu die Energie für die ganzen Internet-Abfragen nach Themen wie „Wie viele Menschen sind am Coronavirus gestorben?“, „Was kaufen für Coronavirus?“ oder „Wo zum Henker gibt es noch Schutzmasken?“, deren Anzahl natürlich in den vergangenen zwei Wochen auch durch die Decke sind. Die Landkarte der Relevanz des Themas auf Google liefert übrigens einige interessante Erkenntnisse:
- In Italien haben sie ein echtes Problem mit dem Virus.
- In China kräht kein Hahn danach.
- Russland hat noch immer freien Zugang zum Internet, ODER
- Russland hat jetzt nach den US-Demokraten auch Google gehackt.
- Die nördlichste kanadische Arktis hat jetzt auch Zugang zum Internet.

Es besteht Hoffnung – für Velofahrende!
Aber wie alles und jedes hat auch das Coronavirus seine guten Seiten, und das ist jetzt bar jeden Sarkasmus‘. Jeder Mensch weiss inzwischen, dass er oder sie Menschenansammlungen meiden sollte, um das Risiko einer Ansteckung zu reduzieren. Eine der geläufigsten Menschenansammlungen tritt regelmässig zur Stosszeit in öffentlichen Verkehrsmitteln auf. Sie ahnen es bereits: hier kann man – mehr noch als bisher! – seinem Schicksal ein ganz grosses Schnippchen schlagen, indem man einfach mit dem Velo zur Arbeit fährt. Erstens fahren nicht einmal mehr in China die Menschen in grösseren Ansammlungen Fahrrad- eine seit langem zu beobachtende Entwicklung, die nichts mit dem Coronavirus zu tun hat – , womit die Ansteckungsgefahr auf dem Arbeitsweg gebannt ist. Zweitens trägt Bewegung an der frischen Luft ganz wesentlich zur Stärkung der körpereigenen Immunabwehr bei, und das reduziert die Ansteckungsgefahr weiter. Die Hände brauchen Sie sich anschliessend auch nicht zu waschen, vorausgesetzt, Sie kommen ohne deren Gebrauch vom Fahrrad an Ihren Arbeitsplatz, und Ihr Velo ist Ihres und kein Sharingbike (und Sie hatten unterwegs kein mechanisches Problem).
Langzeiteffekt?
Kommt es also durch das Coronavirus zu einer Verstärkung des mit ein wenig gutem Willen seit einigen Jahren weltweit erkennbaren Velo-Booms? Das darf man sich durchaus erhoffen. 2008, nach Ausbruch der letzten Finanzkrise, schnellten in den besonders betroffenen Ländern Griechen- und Island die Verkaufszahlen von Fahrrädern ganz stark in die Höhe. Wie lange sie dort verblieben sind, ist nicht bekannt, das Beispiel zeigt aber, dass Teile der Menschheit in schwierigen Zeiten nicht (nur) von einem Virus befallen werden, sondern auch von: der Vernunft.