Bilder, sagt man, sagen mehr als tausend Worte. Sicher wahr! Gestern aber begegnete ich auf einer Suchmaschine im Internet (was für eine überflüssige Information! Wo sonst gibt es Suchmaschinen als im Internet? Einen Metalldetektor würde ich noch nicht so bezeichnen, und ein Navi auch nicht. Egal.) einem Bild, das Worte enthält. Gerade mal vier davon. Ein wortgewaltiges Bild ist das! Es beschwört Geschichten herauf in mir, obwohl die vier Worte aus der norwegischen Sprache stammen, die ich noch schlechter beherrsche als die einarmige Riesenfelge am Reck, rückwärts ausgeführt. Wobei: einmal hat mich eine Norwegerin für meine rasche Auffassungsgabe gelobt, weil ich nach einer Woche in Norwegen schon einzelne Wörter flüssig daher sagen könne. Ich klärte sie auf, dass sie eben meinen Schweizer Dialekt gehört habe. Norwegisch sei eben ein wenig wie Deutsch ohne Grammatik, meinte sie, schulterzuckend, und damit war das Thema erledigt.
Auch wenn sich Schweizerdeutsch und Norwegisch ungefähr in derselben Gegend des Sprachenuniversums aufhalten sollten: Die vier Wörter in besagtem Bild verstehe ich nicht. Inzwischen will ich sie auch nicht verstehen. Würde ich sie nachschlagen, was ja ein Leichtes wäre, verschwände sofort der Zauber der Worte und damit des Bildes. Denn mit der Unkenntnis über die Bedeutung der Worte wäre es auch vorbei mit den Vorstellungen darüber, was die Geschichte hinter der ganzen Komposition aus Zeichen udn Wörtern sein könnte. Ich habe, das muss ich zugeben, gestern öfters über dem Bild meditiert, die Worte vor mich hin gesagt, und fast stündlich ergab sich mir eine andere Geschichte. Manchmal bloss zu einem der Wörter, manchmal zu allen Worten samt dem Schild, das über ihnen prangt. Die Wörter kommen uns daher wie eine Warnung, weil das Auge des erwachsenen Verkehrsteilnehmers eben so geschult ist. Aber was, wenn das Schild mit Text eine Geschichte erzählt, die sich hier mal zugetragen hat? Das letzte Wort klingt immerhin ziemlich nach einem Knalleffekt zum Schluss einer äusserst dichten Story. Bemerkt der Leser, dass die erste Zeile als einzige ohne weissen Rahmen dasteht, wie eine Art Einführung, dann ist die Steigerung der Spannung förmlich greifbar. „Weisser Rahmen! Jetzt kommt’s!“
Aber mehr will ich gar nicht ausbreiten hier, das würde für alle Betrachter ja die Freude zerstören, selber eine Geschichte zu erahnen. Nur so viel: Irgendwie kommt ein mutiger Radfahrer vor, das scheint offensichtlich. Und möglicherweise hat er kein gutes Ende genommen.
Sollte jemand die Bedeutung der Wörter, nein, der Worte! kennen, dann behalte sie oder er sie bitte für sich. Auf einer Velotour will ich ja auch noch nicht die ganze Route im Detail kennen, wenn ich ein Peanut-Butter-Sandwich, ein Buch und eine Decke in die Radtasche stopfe, das Smartphone aufs Gestell in der Garage lege und losfahre. Wo käme ich denn da hin? Eben. Danke.
