E.T. phone home. Der Akku sollte reichen.

Ich habe diese Woche dank einem Beitrag über ein elektrisch angetriebenes Fahrrad in einer Fachzeitschrift eine Einsicht gewonnen. Ein Vorgang, den ich nicht mehr für möglich gehalten hätte. Es ging um das erste E-Bike der Schweizer Firma Stöckli. Ich hatte schon Angst, die hätten ihre Entwicklungsabteilung zugemacht. Nun bin ich aber beruhigt. Sie haben vermutlich bloss alle verfügbaren Ingenieure auf motorisierte Velos abgestellt, so wie die meisten anderen Marken auch.

Den Einstieg ins E-Geschäft kann man Stöckli ja nicht verargen. Keiner verargt einem Teenager, dass er sich eine Tätowierung stechen lässt, weil das seine Altersgenossen auch tun. Aber, mit  Verlaub, der Schuss ist ja wohl nach hinten losgegangen. Auf den ersten Blick findet man das Gefährt gleich etwas eigenartig, man weiss aber nicht sofort warum. Erst wenn man nochmals zu der Anzeige zurückblättert, fällt einem auf: das arme Ding hat einen furchtbar dicken Hals! Die Sattelstütze ist mindestens armdick, wie überhaupt das ganze Sattelrohr. Solche Monstrositäten kennt man ja von Zeitfahrmaschinen. Dort kann man aber einmal leer schlucken und zwischen den Backenzähnen herauspressen: wer schnell sein will, muss halt leiden. Und vielleicht ist das ja auch der Grund, warum das Stöckli-E-Velo so hässlich aussieht: es will schnell sein. Andererseits: andere Stromvelos sind ja auch schnell – denn für etwas werden sie den Motor ja haben – aber sehen sie deswegen aus wie der Glöckner von Nôtre-Dame? Nein! Hier aber hat sich der Akku den ganzen Weg bis unter den Sattel hochgepresst wie die Schwellung bei einer Verstauchung. Wäre das in gleichem Mass dem Stromer widerfahren (mit dem Akku im Unterrohr), so versperrte dort der Akku dem Fahrer die Sicht auf die Strasse! Der Modell-Name e.t. ist äusserst treffend gewählt, denn erinnert an den liebenswerten, weil hässlichen kleinen Kartoffelmann aus dem gleichnamigen Kino-Kassenschlager aus dem Jahr 1982.

Wie es so dasteht, das e.t., ganz Akku auf Rädern, erinnert es einen an einen Kompressor auf einer Strassenbaustelle. Du weisst schon, der Dieselmotor mit Rädern und Anhängevorrichtung, der unter Ohren betäubendem Lärm dem Presslufthammer Luft einpresst. Oder, um beim Bau zu bleiben, an einen Dumper, der im grossen und ganzen eine riesige Garette mit einem versteckten kleinen Sitz hinten dran ist. Nicht schön, sowas: ein Teil des Ganzen läuft  Amok, wird überproportional gross und drängt alle anderen Teile in den Hintergrund (fast wie die SVP, könnte man hier einwerfen). Auch gab es vor etwa hundert Jahren Autos, die fast nur aus Motor und Tank bestanden, und der fast winzig wirkende Fahrer am hinteren Ende versuchte verzweifelt und mit vollem Körpereinsatz, die Teufelsmaschine unter seinem Hintern irgendwie zu bändigen.

Vielleicht aber ist das mit den E-Bikes ja nicht einfach ein ästhetisches Problem (welches schon gravierend genug ist). Vielleicht ist das Stöckli-E-Bike einfach das seit einiger Zeit überfällige Zeichen vom lieben Gott: Wenn man den Akku und den Motor nicht so an ein Velo anmachen kann, dass es danach immer noch die grundlegensten Assoziationen hervorruft, welche man landläufig mit einem Velo verknüpft – Leichtigkeit, Einfachheit, Eleganz, Grazie, Gleichgewicht, wie auch immer – dann soll es möglicherweise EINFACH NICHT SEIN, dass Velos einen Motor und einen Akku haben! Zugegebenermassen war der brennende Dornbusch ein deutlicheres Zeichen, aber wir sollten in den paar Tausend Jahren seither ja auch was dazugelernt haben. Und ein Dornbusch wäre im Zusammenhang mit Fahrrädern auch eine unglücklich gewählte Metapher.

2 Gedanken zu “E.T. phone home. Der Akku sollte reichen.

  1. Schöner Text! Ich habe eine nicht wirklich rational erklärbare Aversion gegen E-Bikes (oder wie sich diese batteriebetriebenen Geräte alle nennen). Ein Fahrrad ist auch für mich ein Fahrrad. Es wird mit Muskelkraft über die Pedalen betrieben. Mit Leichtigkeit fährt man damit seiner Wege. Jede Art von Motor macht daraus etwas anderes. Und wie hier zu lesen: Nicht unbedingt etwas Schönes.

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