Man muss nicht alles selber machen (Teil 1 und 2 von 2)

Wer nicht zum ersten Mal hier vorbeischaut, kennt unsere Überzeugungen: Man muss nicht alles selber machen oder können. So käme ich nie auf die Idee, ein Tier auszunehmen oder einen Mikrowellenofen zu bauen. Dafür gibt es Spezialisten, und die sollen auch von irgendwas leben. Ja, ich stricke nicht einmal Socken, obwohl ich mir das noch so knapp zutrauen würde, denn hübsch oder gar geeignet, sie zu einem Anzug zu tragen, wären sie nicht. Und auch beim Schreiben für diesen Blog bleiben wir bei velopflock demütig und anerkennen, dass es da draussen Menschen gibt, die sich besser ausdrücken können als wir. Besonders gelungene fremde Stücke verbreiten wir unter Angabe der Quelle gerne weiter, um unsere Leserschaft zu erleuchten. In letzter Zeit gab es da gleich zwei Perlen, die uns im Internet zugelaufen sind.

Zuerst war da der Newsletter von Rivendell Bicycle Works in Walnut Creek, Kalifornien. Ich weiss schon, dass ihr inzwischen alle wisst, wo der Schuppen von RBW steht, aber der Ortsname ist einfach zu schön, um nicht jedes Mal genannt zu werden. MIch erinnert der immer an meine Kindheit vor dem Fernsehgerät, in dem damals die Serie Die Waltons lief. In dem Newsletter gab es einen Artikel jedenfalls beschreibt ein Mitarbeiter, wie er dieselbe Strecke unter verschiedenen Bedingungen ganz unterschiedlich erlebt und sie ihm nie langweilig wird: mit anderen Leuten, bei unterschiedlichen Wetterbedingungen, zu einer anderen Tageszeit, in umgekehrter Richtung oder einfach mit einem anderen Fahrrad. Mir geht das genau gleich, weshalb ich die allermeisten meiner Freizeitfahrten mit dem Velo in denselben zwei Gebieten veranstalte: hinter dem Haus oder vor dem Haus. Vor dem Haus (circa siebenkommafünf Kilometer vor dem Haus, um genau zu sein) ist hier:

Und hinter dem Haus wäre dann hier:

Beim Pendeln ist es ein wenig schwieriger, Abwechslung einzubauen, weil das Ziel immer genau das gleiche ist. Ich habe das Privileg, auch auf meinem Arbeitsweg Variationen einbauen zu können, die keinen massiven Umweg darstellen und doch hübsch zu fahren sind. Bei genauem Hinschauen gibt es aber überall kleine Abwechslungen, die das Leben süss machen: eine Baustelle, die endlich erahnen lässt, was da eigentlich entsteht. Ein neues oder verbessertes Stück Velo-Infrastruktur (Doch! Das kommt vor! Auch in der Schweiz!). Ein neuer Laden oder noch besser ein Hofladen, da wechselt das Angebot alle paar Wochen). Das Wetter und das Tageslicht, die variieren in der Regel ganz selbständig. Aber lest selbst, wie das in Kalifornien läuft.

Der zweite Fremdbeitrag stammt vom Urban Cycling Institute, einer Forschungs- und Bildungsplattform für die Transformation zu einer sicheren, inklusiven und aktiven Mobilität. Die Eurosport-Kommentatorin Orla Chennaoui ist im Internet heftig kritisiert worden, weil sie keinen Helm trägt, wenn sie zu Hause in Amsterdam Velo fährt. Dazu nimmt das Institut mit einem Instagram-Post Stellung. Der kurze Text bringt es unserer Meinung nach auf den Punkt, und zwar besser als unsere zahlreichen Posts zum Thema Helmtragen. Wir haben uns auf Instagram dennoch eine Ergänzung in Form eines Kommentars erlaubt. Dabei ging es uns um die zunehmende Intoleranz von Helm-Fans gegenüber den Mitmenschen, die lieber ohne Helm unterwegs sind. Letztere werden immer häufiger als lebensmüde Idioten bezeichnet. Jemandem sein eigenes Empfinden von Sicherheit aufzudrängen, ist in etwa so übergriffig wie jemanden auf einer Party für seinen Haarschnitt zu kritisieren und gleich mit der Schere zu Werke zu gehen.

Ziemlich souverän und eloquent behandelt das Thema unser Hero Eben Weiss – der Bikesnob New York City – der eigens ein Video zum Thema Helmtragen produziert hat. Viel Spass beim Schauen. Falls Sie sich das Video beim Radfahren anschauen, empfehlen auch wir Ihnen dringend, einen Helm zu tragen. Wir haben nämlich nichts Grundsätzliches gegen Helme und ziehen immer wieder mal einen an. Beweisstück No.1: mbrennwa im Urlaub, fernab von allem Verkehr (nicht einmal Schiffe gab es auf dem Kanal):

Beweisstück No. 2: Mein Helm beim Auslüften (um 2013)

Und nun geht endlich Radfahren, mit oder ohne Helm. Aber bitte selbst. Danke.

Willst du einen Kommentar hinterlassen?